Was hat sich in den 50 Jahren bis heute
in Großsachsen geändert?

Signifikanter Punkt ist die Verdolung des Apfelbaches. Sie hat den Ort seines dörflichen Charakters und des romantischen Flairs beraubt und zur Veränderung des Mikroklimas innerhalb des Ortes geführt. 

Heute würde das Argument des erhöhten Verkehrsaufkommens nicht mehr zu so einem gravierenden Einschnitt ins Ortsbild führen. Man würde sich Alternativen einfallen lassen wie z. B. eine Ortsumgehung. 

Ein weiterer Punkt ist das Aussterben vieler Berufe im Ort wie der Schmied, der Wagner, der Sattler, der Küfer, sogar der Bäcker - Brote werden nur noch in Hohensachsen gebacken. Auch den nächsten Schuster findet man erst wieder in Heddesheim und von den vielen Mühlen mahlt weit und breit nur noch die Kunze Mühle. Auch die ortsansässige Tabakfabrik hat ihren Betrieb eingestellt.

Was ein Farrestall ist, wissen heute die wenigsten noch. Inzwischen hat man die Tiere ihrer natürlichen Fortpflanzung beraubt und besamt sie künstlich. Gott bewahre uns Menschen vor diesem Schicksal, es sei denn, es besteht eine medizinisch notwendige Indikation. Da wiederum ist der Fortschritt ein Segen.

Im Ort selbst wurde auch kräftig gebaut, eine neue Grundschule, ein neues Feuerwehrhaus, die Sachsenhalle, 1966 die katholische Christ-Königs-Kirche, eine neue Friedhofskapelle und Tennisplätze wurden angelegt. Viele neue Straßen sind entstanden.

Bald 30 Vereine und über 130 Selbstständige, Geschäfte und Firmen, wenn man die Carl-Benz-Straße dazuzählt, zeugen davon, dass Großsachsen ein geselliger und dem Fortschritt mithaltender Ort ist.

Aber wo Altes verschwindet entsteht Neues. 

Heute gibt es neue Berufe wie Astronauten, Klimaforscher, Manager, Umweltmediziner, Unternehmensberater, Programmierer, Webdesigner, Kommunikationselektroniker, Systemanalytiker, Netzwerkingenieure, Ernährungsberater, und viele mehr. Viele Berufe sind in Spezialgebiete aufgegliedert worden.

Auch viele neue Krankheiten gibt es wie Aids, Herzinfarkt, Mengitis, Hepatitis C und wie viele Arten Allergien, um nur einige zu nennen. Andererseits sind heute viele Krankheiten heilbar, die früher zum Tode führten.

Die neue Geisel der Menschheit BSE wäre zu meiner Kindheit kaum denkbar gewesen. Die Tiere ernährten sich aus natürlichen Ressourcen. Im Winter bekamen sie Klee oder Wiesenheu, Rüben, Melasse, Rapskuchen usw. Der Versuch der Industrie, alles zu verwerten und selbst aus kranken toten Tiere einen finanziellen Profit zu schlagen, rächt sich. Wie man gesehen hat, lässt sich mit hohen Temperaturen allein doch nicht alles unschädlich machen, die Prionen jedenfalls überleben es. Welch ein Segen, wenn man, wie wir in Großsachsen, noch einen Metzger hat, der weiß, aus welcher Tierzucht sein Schlachtvieh kommt. In unserer Metzgerei Salbinger hat Herr Neubauer eine Verbraucherinformation ausgelegt, in der sehr schön erklärt wird, was man unter Separatorenfleisch versteht. Mit seiner Erlaubnis geben wir hier einen Auszug: 
„....... Vielleicht ist nicht jedem klar, was Separatorenfleisch eigentlich ist. Separatorenfleisch, wenn man hier überhaupt noch von Fleisch reden kann, ist der letzte Rest Fleisch, der nach dem Entbeinen am Knochen verbleibt. Dieser Rest wird maschinell und somit hauptsächlich industriell vom Knochen gekratzt. Hierbei kann natürlich auch ein Anteil von Knochenmark und Knochenhaut mit in die Masse geraten. Außerdem gibt es noch eine weitere Variante, das sogenannte Hart-Separatorenfleisch. Hierbei werden die ganzen Knochen vermahlen und später durch Zentrifugieren in Knochen- und „Fleisch-Anteil getrennt. Über den Inhalt eines solchen Materials muss jetzt wohl nichts gesagt werden.“ 

Es wurden sehr viele neue Schlagwörter geprägt wie Computer, Demoskopie, Doping, Emanzipation - unsere Mütter und Großmütter standen in den Kriegszeiten ohne dieses Wort ihren Mann. Wenn, dann trifft dieser Ausdruck auf sie zu. Heute bedeutet Emanzipation eher Gleichberechtigung im Sinne von gleicher Lohnzahlung, gleicher Anerkennung der Frau, ob mit oder ohne Mann. Ergebnis: gleiche Rechte, gleiche Pflichten. Heute müssen sich die Frauen die Türen selbst aufmachen und beklagen sich dann über die Ungalanterie der Männer. Das nur am Rande.

Die Energiekrise und Entsorgungsprobleme sind die Folgen der Industrialisierung, der teilweise gedankenlosen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen.

Zur Globalisierung tragen besonders die Verkehrsmittel wie Flugzeuge und Kommunikationssysteme bei. Sogar auf dem Mond sind wir schon gelandet.  Nachrichtensysteme und Internet bringen fast alles in die Öffentlichkeit. Dadurch kann heute niemand mehr sagen: „Das habe ich nicht gewusst. Er wird mit in die Verantwortung genommen. Ich denke, das hat auch sein Gutes.

Was heute Image ist, das meist durch Designer-Klamotten bis hin zur kosmetischen Korrektur - leider nicht immer zwingend und medizinisch notwendig - erzielt wird, war früher ganz einfach die natürliche Ausstrahlung eines Menschen. „Mehr scheinen als sein ist heute leichter denn je.

Kreditkarten sind heute unumgänglich, was aber auch nicht vor Überfälle und Diebstahl schützt. Und dann die Versuchung mit den Krediten. Wie viele gerade junge, noch unerfahrene Menschen sind damit ins Unglück gestürzt. Fluch oder Segen?

Die Anti-Baby-Pille ermöglicht heute Vergnügen ohne  Folgen, für die Verantwortung getragen werden müsste. Für die Familienplanung ist sie bestimmt gut und richtig.

Die stetig ansteigende Zahl der Singles ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Mit sich selbst kommt man halt am besten aus. Wobei das Singledasein manchmal auch die Folge wirklich schlechter Erfahrungen sein mag. Hier soll nicht pauschalisiert werden, sondern nur der Trend aufgezeigt werden, nicht auf den Partner eingehen zu können, geschweige denn, für ihn auf etwas vielleicht verzichten zu müssen. Ganz bestimmt ist auch richtig, wie ein Eintrag in unserem Gästebuch zeigt, und für den ich mich hier herzlich bedanken möchte, dass viele Menschen nicht gewollt Single sind. Einsamkeit kann etwas sehr Schlimmes sein, und wie viele Menschen wären dankbar um Zuneigung und Hinwendung. Die Familien sind zersplittert, die alten Leute im Altersheim, die Eltern geschieden, die Verwandtschaft überall kilometerweit verstreut. Auch das ist ein Zeichen der heutigen Zeit. 

Die Psychoanalyse ersetzt heute unter anderem auch die Ratschläge und Erfahrungen der Alten. Sicher ist es interessant, warum und wieso etwas ein Mensch tut. Wird allerdings die Täterpflege über die Opferpflege gestellt, kommen einem Bedenken.

Der stetige Leistungsdruck in der Arbeitswelt führt zu Konkurrenzkampf und Mobbing. Wem ist das nicht passiert. Teilweise ist man ab 40 Jahren schon nicht mehr vermittelbar, zu alt. Es entstehen neue Berufskrankheiten und wer findet heute noch in seiner Arbeit Befriedigung?

Änderungen sind nicht immer Verbesserungen,
aber oftmals.
 

Unser Leben ist in vieler Hinsicht leichter geworden, wofür auch ich dankbar bin. Aber ich bin es mir schuldig, nicht gedankenlos alles mitzumachen. Denn jeder einzelne trägt Mitverantwortung.

Trotz aller Veränderungen sind die Großsaasemer die selben geblieben, nämlich kontaktfreudig, aufgeschlossen und hilfsbereit. Ich freue mich ein Großsaasemer zu sein und bin sogar stolz darauf.

Ich konnte hier nicht alles aufführen und gebe auch nur meine persönliche Sichtweise wieder.  Für Kritik und Anregungen bin ich aber jederzeit offen und dankbar.

Ich danke Ihnen für Ihr Interesse.

Ihr Willi Eck